Workshop Dokumentarfilm


Zeige Deine Welt!

Im Projektjahr 2018 boten wir bereits zum vierten Mal einen Dokumentarfilm-Workshop an. Auch dieses Jahr fanden sich viele Jugendliche mit Migrationshintergrund zu dem Thema „Zeige Deine Welt!“ zusammen. Gemeinsam tauschten sich die Teilnehmenden über ihre Vorstellungen von „dem“ Islam aus und lernten neue Perspektiven kennen. Entstanden ist ein 12-minütiger Film.

Am ersten Tag lernten sich die Teilnehmenden mithilfe der Übung „Geschichte meines Namens“ kennen. Hierbei stellen sich die Teilnehmenden mit ihrem Vornamen vor und erzählen etwas zu den familiären, kulturellen oder religiösen Hintergründen ihres Namens. Anschließend wurden die Erwartungen der Teilnehmenden an den Workshop abgefragt und in einer „Mission Impossible“ festgehalten. Nachdem die Gruppe sich den im Vorjahr entstandenen Film angesehen hatte, setzte sie sich unter der Leitung von Workshopleiterin Michalina Mrożek mit dem Thema Diskriminierung auseinander. Die Gruppe erarbeitete gemeinsam, welche Formen von Rassismen es gibt, wer davon jeweils betroffen ist bzw. wer davon profitiert.

Nach dieser inhaltlichen Auseinandersetzung führte Michalina Mrożek die Teilnehmenden in die Theorie des Filmedrehens ein. Sie stellte drei Komponenten der Filmsprache (Bild / Ton / Licht) vor und vermittelte Kenntnisse über Einstellungsgrößen, Kameraperspektiven und Bildkompositionen. Die Teilnehmenden wandten das Erlernte in ersten Übungen an. Zum Abschluss des Tages führten sie ein erstes Interview mit einer muslimischen Teilnehmerin, die über ihr Leben als Muslima berichtete.

 

Am zweiten Tag wurde sowohl die technische Umsetzung als auch der Inhalt des am Vortag gedrehten Interviews besprochen. Darauf aufbauend erlernten die Teilnehmenden Interviewtechniken und bereiteten eine Straßenumfrage vor. Sie erstellten einen Fragenkatalog, überlegten, wie sie geeignete Interviewpartnerinnen- und Partner finden und verteilten die Aufgaben innerhalb des Drehteams (Kamera, Ton, Licht, Redaktion etc.).

Im Laufe des Tages führten die Teilnehmenden selbstständig Interviews auf der Straße durch. Folgende Fragen wurden u. a. gestellt: „Wie viel Kontakt haben Sie zu Musliminnen und Muslimen?”, „Waren Sie schon einmal im muslimisch geprägten Ausland?” und „Denken Sie, dass in Deutschland Muslimfeindlichkeit ein Problem ist?“. Am Ende des Tages gab es eine gemeinsame Reflexion des Erlebten und Gehörten.

Zu Beginn des dritten Workshoptags lernten die angehenden Filmemacherinnen und -macher, welche Faktoren bei der Drehvorbereitung zu beachten sind. Es wurde erläutert, was eine Storyline ist, wie man einen Drehplan entwirft und was bei der Entwicklung eines Drehbuchs beachtet werden muss.

Am Nachmittag besuchte die Gruppe die „Dar as-Salam Moschee“ des „Neuköllner Begegnungsstätte e.V.“. In der Vorbereitung darauf tauschten sie sich über ihre persönlichen Erwartungen an die Exkursion aus. Die wenigsten waren zuvor in einer Moschee gewesen. In der Moschee bekam die Gruppe zunächst eine Führung. Anschließend hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit einen muslimischen Islamwissenschaftler zu seiner Arbeit in der Moschee und seinen alltäglichen Erfahrungen mit Muslimfeindlichkeit zu interviewen.

Zum Abschluss reflektierten die Teilnehmenden ihre Exkursion. Alle waren sehr beeindruckt von den offenen und freundlichen Begegnungen, die sie dort erlebt hatten.

Den vierten Tag nutzten die Teilnehmenden für die Arbeit an zwei Projekten. Ein Team arbeitete an einer Kreativ-Doku mit dem Titel „Für dich ist das ein Muslim – Für mich ein Freund“, die unterschiedliche Perspektiven auf einen Menschen aufzeigen soll. Gezeigt wird ein muslimischer Teilnehmender zunächst aus einer fremden, vorurteilsbelasteten Perspektive: Die Gruppe filmte ihn, während er mit scheinbar emotionslosem Gesicht etwas auf Arabisch schreibt, beim Sport und schließlich beim Gebet. Diese Szenen sollten die Aussage „Für dich ist das ein Muslim“ verbildlichen. Anschließend zeigte die Doku den Darsteller aus der Perspektive einer Freundin oder eines Freundes: Beim Kaffeetrinken, im Gespräch mit einer Freundin und beim Lachen. Dies spiegelt den Part „Für mich ein Freund“ wider und bricht das Bild des „fremden Muslims“ auf. Zusätzlich drehte die Gruppe noch ein Interview über Freundschaft mit ihm, in dem er betonte, dass die Religionszugehörigkeit, Herkunft oder Nationalität in Freundschaften für ihn keine Rolle spielt.

 

Das zweite Team entwickelte in dieser Zeit eine Reportage im Stil des Cinema Direct und begleitete eine muslimische Teilnehmerin. Diese ist vor zwölf Jahren zum Islam konvertiert und berichtete von ihrer Konversion und davon, was der Islam für sie bedeutet. Die Gruppe filmte Aufnahmen aus ihrem Alltag und führte Interviews mit ihr.

 

Nach den Dreharbeiten tauschten die Teams ihre Erfahrungen aus, die sie im Workshop und während der Dreharbeiten gesammelt hatten. Dabei wurde von vielen hervorgehoben, dass es sehr wichtig für sie war, durch den Austausch mit muslimischen Interviewpartnerinnen und -partnern Neues über „den“ Islam erfahren zu haben. Viele sagten, dass sie sehr positiv überrascht waren und dass sich ihr eigenes Bild von „den“ Musliminnen und Muslimen positiv veränderte. Auch die Konfrontation mit den eigenen Vorurteilen gegenüber Musliminnen und Muslimen – wie sie beispielsweise durch die Dreharbeiten zu „Für dich ist das ein Muslim – Für mich ein Freund“ stattfand – wurde als wichtig und lehrreich empfunden. Eine weitere neue Erkenntnis für viele Teilnehmenden war, dass unterschiedliche Religionszugehörigkeiten kein Hindernis im Zusammenleben und Miteinander sind.

Am letzten Tag wurden die Teilnehmenden in die Schnitttheorie und in die Arbeit mit einem Schnittprogramm eingeführt. In Kleingruppen schnitten sie ihr Filmmaterial und diskutierten ihre Ergebnisse.

 

In einer letzten Reflexionsrunde berichteten die Teilnehmenden, dass der Workshop und die vielen spannenden Begegnungen ihre Einstellungen gegenüber „dem“ Islam und „den“ Musliminnen und Muslimen verändert hatten. Sie stellten sich kritisch ihren eigenen Stereotypen und waren rückblickend alle sehr glücklich darüber, so viel Neues gesehen und erlebt zu haben. Entstanden ist ein 12-minütiger Film, der sich mit Aspekten des muslimischen Lebens in Berlin beschäftigt.

 

Teilnehmende: In Berlin lebende Jugendliche verschiedener Herkunft im Alter von 16 bis 27 Jahren

Zeitraum: 5 ganztägige Termine im Mai 2018

Workshop-Leitung: Michalina Mrożek (Filmemacherin, Pädagogin), Ursula Henke (Dipl. Kulturwissenschaftlerin, Kamerafrau), Dorota Kot (Kulturmanagerin)