Workshop Fotografie


(Un-)Sichtbare Nachbarschaft

„(Un-) Sichtbare Nachbarschaft“ war das Thema des Fotografie-Workshops. Mit Hilfe serieller Fotografie sollte die Nachbarschaft mit ihren unterschiedlichen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie deren Herkunft erkundet, einzelne Nachbarinnen und Nachbarn porträtiert und deren Lebenswelt hinterfragt werden. Wer kommt aus muslimischen Ländern? Wer bringt was aus seiner Heimat und Kultur mit? Wie wird wer gesehen?

Zu Beginn des Fotografie-Workshops zeigten die Workshop-Leiterinnen den Teilnehmenden den Dokumentarfilm „Das Fotostudio des Mr. Sang“ von Johan van der Keuken. In einer Amsterdamer Straße porträtiert Mr. Sang Bewohner unterschiedlicher Herkunft und Kultur. Er wählt hierzu verschiedene fotografische Techniken und Methoden und formt damit ein eigenes Bild seiner Nachbarn. Der Film war Ausgangspunkt für erste Gespräche über die Wahrnehmung anderer Personen und das eigene fotografische Vorgehen der Projektteilnehmenden.

Nach einer kurzen Einführung in die serielle Fotografie machten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am ersten Workshop-Termin mit großer Entdeckerfreude daran, den Kiez „Moabit“ zu erkunden. Sie schlossen erste Bekanntschaften mit den muslimischen Nachbarinnen und Nachbarn des Viertels und trafen auf spannende Personen. Eine Gruppe besuchte einen türkischen Friseur, eine andere einen iranischen Fotograf. Es entstanden erste fotografische Skizzen. Anschließend tauschten sich die Teilnehmenden über die Erfahrungen ihrer Begegnungen aus. Da eine der Teilnehmerinnen selbst muslimischen Hintergrund hatte, konnten bereits die ersten entstandenen Fragen innerhalb der Gruppe diskutiert und z.T. beantwortet werden. Die Workshop-Leiterinnen ermutigten die Teilnehmenden den Kontakt mit ihren Protagonistinnen und Protagonisten zu intensivieren und sie in den nächsten Workshop-Terminen immer wieder aufzusuchen.

Ferner wurden die Teilnehmenden angeregt ein Fototagebuch zu führen, in dem sie alle Erlebnisse und Begegnungen dokumentieren sollten. Diese Notizen dienten in erster Linie dazu die eigene Arbeit und das Vorgehen zu reflektieren und den ganz persönlichen Zugang zu dem Projekt individuell zu dokumentieren.

Bei den folgenden Workshop-Terminen wurden jeweils zu Beginn die in der Zwischenzeit entstandenen Fotografien besprochen. Dies geschah sowohl hinsichtlich gestalterischer Aspekte, als auch hinsichtlich der Geschichten, welche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erlebt hatten. Da jede Person gefragt werden musste, ob sie / er fotografiert werden darf, entstanden zwangsläufig vielerlei Gespräche mit Musliminnen und Muslimen. Einige Teilnehmende intensivierten im Verlauf der Workshops die Kontakte zu den bereits fotografierten Personen.

So verfolgte z.B. eine Teilnehmerin über das gesamte Projekt die zu Beginn entstandene Bekanntschaft mit einem Friseur. Der Fokus und die Perspektiven auf den Laden und seinen Besitzer veränderten sich im Laufe der Zeit. Es entstand ein fast freundschaftliches Verhältnis.

Andere Teilnehmende suchten sich immer wieder neue „Modelle“ oder widmeten ihr Interesse der Architektur, Moscheen und Kulturvereinen. Fast immer waren die Berichte über das Erlebte der Ausgangspunkt für Gruppendiskussionen und Reflektionen.

Themen wie Ramadan, Kopftuch, sakrale Bauten, Friseur für Frauen, Rassismus, aber auch Lebensverhältnisse von muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern wurden hierbei diskutiert.

Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten bereits außerhalb des Workshops seit längerem gute Kontakte zu muslimischen Familien. Die Beschäftigung mit dem Thema brachte aber neue Aspekte und regte sie an, sich mit ihren Bekannten und Freundinnen / Freunden tiefergehend zu unterhalten, viele Fragen zu stellen und Gespräche zu führen. Für andere wiederum waren die Kontakte neu und sie begannen erst im Verlauf der Workshop-Reihe, sich mit muslimischen Mitmenschen intensiver auseinanderzusetzen. Aufkommende Fragen konnten oftmals direkt in persönlichen Kontakten mit den Beteiligten geklärt werden oder wurden in der Gruppe diskutiert.

Abschließend betrachtet war das Interesse an dokumentarischer Fotografie für alle ein großer Anreiz, sich mit dem muslimischen Leben in Berlin intensiver auseinanderzusetzen. Für die Teilnehmenden haben sich viele neue Sichtweisen und Perspektiven aufgetan. Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung waren für alle zu jedem Zeitpunkt ein wichtiger Schwerpunkt.

Bei der Abschlußveranstaltung im Oktober 2015, an der alle Teilnehmende der Workshops teilnahmen, wurden die entstandenen Fotos großformatig im Foyer des Rathaus Pankow ausgestellt. Sowohl vor als auch nach der Veranstaltung hatten alle Gäste die Möglichkeit die Fotos zu betrachten und sowohl mit den Künstlerinnen und Künstlern als auch untereinander ins Gespräch zu kommen.

Teilnehmende: in Berlin lebende spanischsprachige Jugendliche verschiedener Herkunft im Alter von 16 bis 27 Jahren

Zeitraum: 8 Termine im Zeitraum Juni – Oktober 2015

Workshop-Leitung: Ulrike Callenius, Silke Gänger