Kopftuch, Lederhose oder Minirock?
„Was sagt Mode über unsere Kultur und Identität aus?“ Dieses Thema beschäftigte uns im Rahmen des diesjährigen Modeworkshops für eine gemischte Gruppe von Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft. Der thematische Schwerpunkt verknüpfte die Themen Mode, Identität und kulturelle Herkunft in Berlin. Ziel war es, Entwürfe für einen interkulturellen Berlinstyle zu entwerfen.
In einer interkulturellen Stadt wie Berlin treffen Tradition und Moderne täglich aufeinander. Das spiegelt sich auch in der großen Vielfalt an Kleidungsstilen in der Stadt wider. Workshopleiterin und Modedesignerin Karolina Goerlich stellte die Teilnehmenden vor die Herausforderung, ihre eigene Wahrnehmung zu reflektieren und zu hinterfragen. Grundlage hierfür waren Diskussionen zum Thema Tradition vs. Moderne sowie Symbole in der traditionellen polnischen und muslimischen Kleidung. Unterstützt wurde dieser Prozess von kurzen Expertenvorträgen im Rahmen der Workshops.
Basierend auf diesen Diskussionen und Gesprächen wurde gleichzeitig an den praktischen Zielen des Projekts gearbeitet. Aus ersten Inspirationen entstanden konkrete Projektentwürfe, die anschließend an Schneiderpuppen umgesetzt wurden.
Am ersten Tag wurde der Prozess der Gestaltung einer Kollektion besprochen. Es wurde vermittelt, woher Modedesignerinnen und -designer ihre Inspiration beziehen und wie sie diese Ideen in ihrer Arbeit nutzen und weiterentwickeln. Ein weiterer wesentlicher Punkt dieses Workshoptages war die Präsentation einer muslimischen Expertin. Sie stellte verschiedene Kopftucharten und -bindungsweisen vorstellte. Die Präsentation fand große Resonanz und beeinflusste den weiteren Verlauf des Projekts sehr deutlich. Das praktische Ziel dieses Tages war es, Inspirationstafeln – sogenannte Moodboards – zu erschaffen, die eine Grundlage für das nächste Treffen zum Thema Projektentwürfe bilden würden. Die Moodboards entstanden unter Verwendung von vorher gesammelten Bildausschnitten, Materialien und Stoffen, die sich auf islamische Kultur und polnische Volkstrachten bezogen. Die Tafelerstellung basierte auf der vorhergehenden gemeinsam getroffenen Entscheidung der Teilnehmenden, für welche Zielgruppe die Kleidung erstellt werden sollte. Die Teilnehmenden entschieden sich für eine Frau mit arabischem Migrationshintergrund als potentielle Kundin ihrer selbst entworfenen Kollektion.
Der zweite Workshoptag begann mit einem Vortrag unter dem Titel „Mode und Identität“. Welches Bild vermittelt Kleidung? Was sagt Mode – das Muster, der Schnitt, der Stoff – über eine Person aus? Welche Kleidungsstücke assoziiert man mit welchen Kulturen? Verhalte ich mich einer Person in Business-Kleidung gegenüber anders als einer Person in Jogginghose oder mit Kopftuch? Und liegen wir mit unseren Zuschreibungen und Schlussfolgerungen hinsichtlich Herkunft, sozialer Schicht, Charakter oder religiöser Zugehörigkeit richtig? Machen Kleider also tatsächlich Leute? Nach diesem Vortrag führten die Teilnehmenden eine Diskussion darüber, wie Mode die Beurteilung eines Menschen beeinflussen kann. Dabei waren den Teilnehmenden folgende Aspekte besonders wichtig: 1. Können wir mit Kleidung unsere Identität betonen? 2. Wie ist der Zusammenhang zwischen Mode und Religion?
Der zweite, praktische Teil des Treffens befasste sich mit der Entwurfsgestaltung auf der Basis der zuvor vorbereiteten Inspirationstafeln. Es entstanden konkrete Ideen für die Umsetzung an den Schneiderpuppen.
Am dritten Workshoptag ging es darum, die geplante Minikollektion an Schneiderpuppen gemeinsam zu realisieren. Die Teilnehmenden konnten auf Basis der in Gruppen entwickelten Entwürfe ihre Ideen an Schneiderpuppen umsetzen, indem sie verschiedene Stoffe ansteckten und drapierten. Sie wurden mit einer technisch und handwerklich herausfordernden Aufgabe konfrontiert. Dennoch waren sie in der Lage, dank ihrer engen Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfestellung, das Ziel zu erreichen.
Im Verlauf dieses Workshops hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit dem Thema Mode und ihrem direkten Zusammenhang mit Herkunft, Kultur und Identität sowie mit der eigenen Wahrnehmung auseinanderzusetzen. Aufgrund der begleitenden Expertenbeiträge und Gruppenübungen konnte sich eine dynamische und tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Thema entwickeln. Gleichzeitig ermöglichte das Projekt einen praktischen Einblick in ein spannendes Berufsfeld und bot die Gelegenheit, gemeinsam ein besonderes Produkt zu erschaffen und zu präsentieren.
Teilnehmende: in Berlin lebende Jugendliche verschiedener Herkunft im Alter von 16 bis 27 Jahren
Zeitraum: 3 Termine im Zeitraum Juni 2016
Workshop-Leitung: Karolina Goerlich